Was ist eigentlich Schmerz?

Der Schmerzforscher Lorimer Moseley erklärt: „Pain depends on how much danger your brain thinks you are in, not how much danger you are really in.“

Was es genau damit auf sich hat, möchte ich im folgenden Artikel genauer beleuchten.

Als Personal Trainerin komme ich immer wieder mit chronischen Schmerzen bei Athleten und Kunden in Berührung. Das Thema Schmerz ist in der Gesellschaft allgegenwärtig.

Jeder kennt jemanden, der über ein Ziehen im Knie während oder nach der Belastung klagt, einschränkende Rückenschmerzen hat oder nach Verletzungen mit der Rehabilitation beschäftigt ist.

Während die Schmerzforschung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immense Errungenschaften vorweisen kann, sind im Therapie- und Trainingsbereich immer noch deutliche Missverständnisse vorhanden. Das führt oftmals dazu, dass Kunden in den Schmerz trainieren und Fehlhaltungen sowie Dysbalancen durch Therapie und Training nicht verbessert, sondern sogar oftmals unterstützt werden.

Daher sollte Schmerz in seiner Multidimensionalität wahrgenommen und verstanden werden:

Schmerz ist zunächst als ein Signal des Körpers zu verstehen und nicht als Indikator für einen Gewebeschaden.  Strukturelle Veränderungen, Gewebeschäden oder neuro-muskuläre und fasziale Dysfunktionen können zu Schmerzen führen, dies ist aber nicht zwangsläufig der Fall.

So können strukturelle Schäden vorliegen, die lange nicht beachtet werden, ohne das Schmerz wahrgenommen wird.

Was sollte als grundlegendes Konzept verstanden werden?

1. Schmerz ist überlebensnotwendig und als Schutzmechanismus unseres Körpers bedeutend.

Durch das Schmerzsignal wird eine sofortige Verhaltensänderung hervorgerufen. Wenn das Zentrale Nervensystem eine Situation als nicht sicher erachtet und den Körper in Gefahr sieht, sendet es ein Schmerzsignal.

Ist die Intensität des Schmerzes hoch genug, reagiert der Körper mit sofortiger Veränderung des Bewegungsmusters oder mit der Unterbrechung der Bewegung. Das Zentrale Nervensystem schützt uns reflexiv in gefährlichen Situationen, beispielsweise vor tieferen Schnitten mit dem Messer oder durch Schonhaltung bei stark ruckartigen ungewohnten Bewegungen.  

2. Schmerzen entstehen im Gehirn – sie sind damit kein Eingangssignal des Körpers sondern Ausgangssignal des Gehirns.

Die Entscheidung, ob ein Schmerzsignal gesendet wird oder nicht, entscheidet das Gehirn. Es erhält von diversen Rezeptoren Signale und damit Informationen, beispielsweise über Spannungsunterschiede im Gewebe und sendet bei bedrohlichen Situationen Warnsignale an das Zentrale Nervensystem.

Das Gehirn empfängt diese und zahlreiche weitere Informationen, integriert und interpretiert diese und entscheidet, ob die Bedrohung so hoch ist, dass Schmerzwahrnehmung freigegeben wird. Hierbei arbeiten 12 unterschiedliche Funktionsbereiche im Gehirn zusammen. Es gibt also nicht ein Schmerzzentrum.

3. Schmerz ist kontextabhängig.

An der Entscheidung des Schmerzsignals sind unter anderem die Areale der Emotionssteuerung, der Erinnerungsspeicherung und Planung zukünftiger Entscheidungswege beteiligt. Neben den biologischen Aspekten spielen dementsprechend auch psychologische und soziale Faktoren eine Rolle bei der Entstehung des Schmerzes.

Dies erklärt, warum lediglich bewegungsbasierte Therapie- und Trainingsansätze nicht die Lösung sein können für Athleten und Kunden mit Schmerzen.

Bei gleicher Signalstärke wird beispielsweise ein Torwart bei einer Handverletzung eine andere Schmerzwahrnehmung generieren als ein Stürmer.

Ein Nervensystem, dass sich langfristig sicher und unbedroht fühlt, bildet einen gesunden und leistungsfähigen Körper. Dies gilt es in der Therapie und im Training zu erreichen beziehungsweise zu etablieren.

Dies dient als Grundlage für das neurozentrierte Personal Training. Aufbauend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gehe ich im Training genau auf dieses Konzept der Schmerzentstehung und -wahrnehmung ein.

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