So trainierst du Gleichgewicht und Stabilität

Der Einfluss von Körperhaltung und Bewegung  

Im Laufe meiner Karriere haben mich Kund:innen immer wieder gefragt, wie sie ihre Körperhaltung verbessern können. Oft hörte ich Sätze wie "Ich stehe krumm, meine Körperhaltung ist schlecht". Die gängigen Ratschläge wie "Setz oder stell dich gerade hin" scheinen jedoch keinen nachhaltigen Effekt zu haben. Durch meine Arbeit und zahlreiche Weiterbildungen habe ich erkannt, dass das Gehirn die Körperhaltung steuert und dabei eine Vielzahl von Informationen durch das Gleichgewichtssystem erhält. Vereinfacht gesagt, beantwortet dieses System immer die beiden Fragen:

  • "Wo ist oben?"

  • "In welche Richtung bewege ich mich?"

Aufbauend darauf wird die Körperhaltung in Sekundenschnelle angepasst, wobei Muskeln angespannt und andere gelockert werden. In meiner Arbeit mit Kund:innen und auch in meinem Buch gehe ich genau darauf ein:

  • Wie kannst du einfach in deinen Alltag integrieren, um das Gleichgewichtssystem zu unterstützen?

  • Dabei geht es nicht um wackelige Unterlagen, sondern darum, deinen Körper, deine Augen und deine Kopfposition zu verändern, damit dein Gehirn neue Berechnungen zur Körperhaltung vornehmen kann.

So entwickelst du eine dynamische Körperhaltung, die sich flexibel an deine aktuelle Situation anpasst. Es ist wichtig zu verstehen: Es gibt keine grundsätzlich gute oder schlechte Körperhaltung. Die Körperhaltung ist ein Zustand, der an den aktuellen Moment angepasst ist. Wie es so schön heißt: Die beste Körperhaltung ist immer die nächste. Daher geht es am Ende um vielseitige Bewegung. Je mehr und je unterschiedlicher du dich, deine Augen, deinen Kopf und deinen Körper bewegst, desto dynamischer wird deine Körperhaltung.

Ganz persönlich: Pragmatische Wege zum besseren Gleichgewicht

In meinem hektischen Alltag pflege ich einen pragmatischen Ansatz für Gleichgewichtstraining. Ich baue es in meine Standard Übungen ein. Egal ob ich Liegestütze, Klimmzüge, Kniebeuge oder Ausfallschritte mache:

  • Mal schließen ich die Augen und bekomme ein Gefühl dafür, wie viel Einfluss die Augen auf die Stabilität und das Gleichgewicht haben. 

  • Mal schauen ich nach oben, unten, rechts und links und spüre die Veränderung der Bewegungsabläufe und merke, wie mein Körper sich entsprechend der veränderten Blickrichtung jedes Mal neu ausrichten und stabilisieren muss

  • Mal schaue drehe ich meinen Kopf nach rechts und links, strecke ihn nach oben oder beuge ihn nach unten uns nehme die veränderte Muskelspannung je nach Kopfposition wahr. 

Für mich funktioniert das Einbinden in mein "Standardtraining" einfach am besten und bietet mir die Abwechslung, die ich brauche, um immer wieder meinen Körper neu zu entdecken. 

Aufmerksam geworden auf mögliche Gleichgewichtsprobleme?

Diese Anzeichen könnten darauf hinweisen, dass es Zeit ist, dein Gleichgewicht zu trainieren. Denk daran, jeder Mensch ist einzigartig, und Gleichgewichtsprobleme können sich vielfältig zeigen. Wenn du dich in einem der folgenden Punkte wiedererkennst, könnte es sinnvoll sein, sich mit gezieltem Training auseinanderzusetzen. 

  • Weite Standposition, breiter Stand: Personen mit Gleichgewichtsproblemen gewöhnen sich einen breiten Stand an. Wenn die Füße weiter auseinanderstehen, vergrößert sich die Standfläche. Es ist dann einfacher, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten,ohne zu schwanken. Das ist auch der Grund, warum mit breiterem Stand viele Übungen leichterfallen. Das kannst du zum Beispiel bei Kniebeugen testen.

  • Blick zum Boden: Ein eingeschränktes Gleichgewicht nimmt dir die Sicherheit beim Laufen, Um zusätzliche Informationen und damit Sicherheit zu bekommen, hilft der Blick auf den Boden. Das führt dazu, dass viele Personen beim Laufen statt geradeaus auf den Boden schauen. Das spricht fast immer für Gleichgewichtsprobleme. Normalerweise möchte dein Körper sehen, wo du hinläufst, und nicht, was auf dem Boden vor dir passiert.

  • Schlangenlinien laufen: Kennst du das, wenn man mit jemandem spazieren geht und man immer aneinanderstößt? Schließen wir mal einen Flirtversuch aus, handelt es sich hierbei meistens um Gleichgewichtsprobleme. Der Person fällt es schwer, geradeaus zu laufen und eine Richtung einzuhalten. Das führt zu sogenannten Schlangenlinien. Das passiert zum Beispiel auch unter Alkoholeinfluss. Der Alkohol schränkt den Gleichgewichtssinn ein. Dadurch fällt es Betrunkenen so schwer, auf einer Linie zu laufen.

  • Veränderte Körperhaltung (bis hin zu Skoliose, Hohlkreuz und Rundrücken): Die Körperhaltung ist direkt abhängig vom Gleichgewicht. Das bedeutet, dass sich Gleichgewichtsprobleme direkt auf die Körperhaltung auswirken. Der Körper passt sich an die Informationen an, die er aus dem Gleichgewichtsorgan bekommt. Sind hier Probleme vorhanden, gleicht der Körper sie durch Veränderung der Körperhaltung aus. So kann es zum Hohlkreuz oder zum Rundrücken kommen. Selbst Skoliose, eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, wird mittlerweile auf Dysbalancen im Gleichgewichtssystem zurückgeführt.

  • Kopfposition: Seitneige oder Rotation: Genauso wie mit der Körperhaltung hat auch die Kopfposition einen Einfluss auf das Gleichgewicht und umgekehrt. Neigt eine Person den Kopf immer wieder zu einer Seite oder dreht ihn zu einer Seite, spricht das oft für Auffälligkeiten des Gleichgewichtssystems. Durch die Seitneige oder die Rotation wird auf einer Körperseite das Gleichgewichtsorgan mehr aktiviert und auf der gegenüberliegenden Seite kommen weniger Informationen an.

  • Beidseitige Rückenschmerzen oder Verspannungen: Sind die Rückenmuskeln auf beiden Seiten stark verspannt und brennen, kann das mit dem Gleichgewicht zusammenhängen. Wenn dein Körper ständig versucht, deine Körperposition im Raum zu justieren, sind die Muskeln unter Dauerspannung. Das führt mittel- und langfristig zu Verspannungen.

  • Reiseübelkeit: Du kannst im Bus oder Zug nicht lesen? Wenn du im Auto hinten sitzt, wird dir schlecht? Die Ursache liegt sicher in deinem Gleichgewichtsorgan. Dein Gehirn kann die unterschiedlichen Informationen deines Körpers nicht miteinander verbinden. Du sitzt und gleichzeitig zieht an deinen Augen die Umgebung vorbei. Bei jedem Anfahren drückt es dich in den Sitz. Diese unterschiedlichen Informationen passen für dein Gehirn nicht zusammen.

  • Stillhalten des Kopfes beim Gehen: Statt der natürlichen Bewegung, die über die Wirbelsäule von den Beinen auf den Kopf übertragen wird, halten viele Betroffene den Kopf sehr ruhig, fast schon steif und bauen dadurch eine hohe Spannung im Schulter-Nacken-Bereich auf. Dementsprechend empfinden sie es als unangenehm, beim Gehen den Kopf zu bewegen, beispielsweise nach rechts und links zu schauen oder hochzuschauen. Das führt dann zu einem unsicheren und langsamen Gang.

Kundenbeispiele aus meinem Trainingsalltag

Barbara ist Managerin und hat nicht viel Zeit. Ihr Fokus liegt auf ihrer Arbeit. Viele Projekte, viele Dienstreisen. Sie merkt beim Yoga und auch beim letzten Surfurlaub, dass ihr Gleichgewicht zu wünschen übriglässt, dass sie auf der rechten Seite schlechter das Gleichgewicht halten kann als auf der linken Seite. Sie ist generell recht angespannt und hat einen hohen Muskeltonus. 

Stefan ist junger Vater. Auch er hat nicht viel Zeit, ist hin- und hergerissen zwischen Arbeit, Familie und Freizeit. Er war selbst auch schon mal fitter. Zuletzt hat er auf dem Spielplatz bemerkt, dass er nicht mehr mit seinem Kind mithalten kann. Er kommt nicht mehr in die tiefe Hocke. Er merkt auch, dass seine Balance nicht mehr so gut ist wie früher. Wenn er sein Kind nach oben wirft, fällt es ihm schwer, sein Gleichgewicht zu halten.

Felicitas ist Rentnerin. Sie hat bereits Gleichgewichtsprobleme. Sie merkt, dass sie beim Treppensteigen lieber den Handlauf nimmt und unsicherer geht auf unebenen Böden. Und obwohl sie bereits im Ruhestand ist, hat auch sie keine Zeit und zu viele Termine. Damit sie bei den nächsten Wanderungen mit ihren Bekannten mithalten kann, möchte sie ihr Gleichgewicht trainieren. Sie möchte nicht als ältere, tattrige Dame wahrgenommen werden. Auch mit ihrem neuen Freund möchte sie wieder aktiver werden, möchte in der Natur unterwegs sein, ab und zu wieder Tennis spielen gehen. 

Die drei könnten unterschiedlicher nicht sein. In unterschiedlichen Lebensabschnitten, mit unterschiedlichem Fokus. Sie wollen ihr Gleichgewicht verbessern, aus ganz unterschiedlichen Hintergründen. Sie alle möchten ein ausgeglichenes Körpergefühl haben, sich frei bewegen können im Alltag und ihre Zeit mit Familie und Freizeit genießen. 
Kurzum: Sie möchten ein gesundes Leben führen und Freude im Leben haben. Sie möchten Seele und Körper im Gleichgewicht halten, wenn auch mit unterschiedlichem Einsatz.

Vielleicht erkennst du dich in einem der Beispiele wieder? Dann lohnt es sich, entweder mit dem Buch oder in einer 1:1 Session das Thema aktiv anzugehen. Melde dich gerne bei mir, wenn du mehr darüber erfahren möchtest. 

Deine neutrale Körperhaltung


Übungsanleitung

1. Stelle dich aufrecht hin. Überprüfe folgende Körperwahrnehmung:

  • Wie fühlt sich die Position an?

  • Hast du das Gefühl, dass dein Gewicht zwischen den Zehenballen und Fersen gleichmäßig verteilt ist?

  • Hast du das Gefühl, dass dein Gewicht zwischen vorne, deinen Zehenballen und den Fersen hinten gleichmäßig verteilt ist?

  • Hast du das Gefühl, dass dein Gewicht zwischen rechts und links gleichmäßig verteilt ist?

  • Hast du das Gefühl, dass dein Gewicht zwischen rechtem und linkem Fuß und Bein gleichmäßig verteilt ist?

2. Fange nun an, dein Gewicht bewusst nach vorne zu verlagern. 
3. Verlagere nun dein Gewicht nach hinten. Wechsle anschließend ein paar Mal zwischen vorne und hinten. Überprüfe folgende Körperwahrnehmung:

  • Wie fühlt es sich an, wenn das Gewicht mehr auf den Zehenballen ist?

  • Wie fühlt es sich an, wenn das Gewicht mehr auf den Fersen ist? Komm nun zur Mitte zurück. Vergleiche, ob das Gewicht nun zwischen vorne und hinten gleichmäßig verteilt ist.

4. Fange nun an, dein Gewicht bewusst nach rechts zu verlagern.
5. Verlagere dann dein Gewicht nach links. Wechsle anschließend ein paar Mal zwischen rechts und links. Überprüfe folgende Körperwahrnehmung:

  • a. Wie fühlt es sich an, wenn das Gewicht mehr auf der rechten Körperseite ist?

  • b. Wie fühlt es sich an, wenn das Gewicht mehr auf der linken Körperseite ist?

6. Komm nun zur Mitte zurück. Vergleiche, ob das Gewicht nun zwischen rechts und links gleichmäßig verteilt ist.

Wirkung
Wenn du dich auf die Zehenspitzen stellst, spürst du sofort, wie die hintere Muskulatur sich anspannt, um ein Umfallen zu verhindern. Umgekehrt verspannt sich automatisch die vordere Muskulatur, wenn du dich auf die Fersen stellst. Dieser Reflex trägt dazu bei, die Stabilität zu verbessern, und beeinflusst positiv deine Körperhaltung.

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