Schmerzen reduzieren durch neue Ansätze der Neurowissenschaften
Was hat positives Denken mit Schmerzen zu tun?
Hast du schon mal etwas von Schmerzerwartung gehört?
Dein Gehirn ist jede Sekunde damit beschäftigt, potentielle Gefahren zu erkennen und vorherzusagen, was passieren wird. Dies geschieht basierend auf deinen persönlichen Erfahrungen, sodass dein Gehirn also eine Voraussage errechnet.
Deine Erinnerungen, Gefühle und Gedanken werden dabei genauso mit einbezogen wie beispielsweise Informationen über einen tatsächlichen Gewebeschaden, deine körperliche Situation und deine Umgebung.
Die Schmerzerwartung und die tatsächlich erfahrene Schmerzstärke werden in zwei unterschiedlichen Hirnregionen verarbeitet. Diese arbeiten jedoch eng zusammen. Das bedeutet, wenn du einen Schmerz erwartest, kann auch der tatsächliche Schmerzreiz intensiver wahrgenommen werden. Und umgekehrt.
Warum ist das so?
Es ist quasi die Rückbestätigung deines Gehirns, dass die vorhergesagte Erwartung mit dem Reiz übereinstimmt.
Die Erwartungshaltung in Bezug auf Schmerzen spielt in der aktuellen Wissenschaft eine immer größere Rolle. Über Magnetresonanztomografen (MRT) kann man mittlerweile die Schmerzverarbeitung im Gehirn sichtbar machen. Eine entscheidende Rolle hierbei spielen die drei Bereiche
Thalamus
Insula
somatosensorischer Kortex
Der Thalamus
wird auch als Tor zum Bewusstsein bezeichnet.
Hier werden außer dem Geruch alle Sinnnesreize umgeschaltet.
Das Sehen, Hören, Fühlen, die Temperatur- und Schmerzempfindung wird hier also gefiltert.
Wird sie als bedeutend empfunden, erfolgt die Weiterleitung an die Großhirnrinde.
Erst dann werden uns diese Sinne bewusst.
Hier wird also entschieden, ob die Verarbeitung der Reize gerade wichtig ist.
Eine negative Erwartungshaltung kann dazu führen, dass diese Reize eher als Bedrohung bewertet werden.
Die Insula
dient im Zusammenhang mit der Schmerzverarbeitung als Verbindung von kognitiven und emotionalen Elementen.
Besonders entscheidend ist dabei die emotionale Bewertung von Schmerz.
Der Somatosensorische Kortex
verarbeitet unter anderem neben den Sinnen Berührung, Druck, Vibration und Temperatur auch die Schmerzempfindung.
In Studien wurde herausgefunden, dass diese drei Bereiche, Thalamus, Insula und Somatosensorischer Kortex, aktiver sind, wenn die Schmerzerwartung größer ist. Eine positive Erwartungshaltung hingegen sorgte für weniger Aktivität in den drei Bereichen.
Viele von uns haben bereits ihre eigene, ganz persönliche Odyssee durch das Gesundheitssystem hinter sich - eventuell seit Wochen, Monaten vielleicht sogar Jahren. Das führt zu
Angst
Verzweiflung
oft glaubt man nicht mehr daran, dass einem noch geholfen werden kann
Wie kann eine Lösung aussehen?
Wir wissen also:positive Erwartungenan Training und Therapiebeeinflussen deren Effekt.
Schlüssel im Umgang mit Schmerzensind daher meiner Meinung nach:
positive Erwartungen zu wecken
negative Erwartungen zu vermeiden
Das geht meiner Meinung nach nur durch:
sachliche Aufklärung
Darstellung von Zusammenhängen
Widerlegung von Fehlinformationen
Mut machen
Motivation steigern
Vorbild sein
Denn nur so kann man den eigenenKörper verstehenund ihm wieder vertrauen.
Der Einfluss unseres Gehirns auf Körperfunktionen und Wohlbefinden
Unsere Gene spielen eine entscheidende Rolle bezüglich unserer Gesundheit - ebenso unsere Umwelt, aber auch unsere Gedanken und Gefühle.
Der noch relativ junge Forschungsbereich der Gesundheitspsychologie befasst sich mit diesen Zusammenhängen. So ist mittlerweile bekannt, dass sich positiv denkende Menschen schneller von Operationen erholen, weniger Schmerzen spüren und sich sogar weniger häufig mit Erkältungsviren anstecken. Selbst Demenz und Depressionen nehmen im Zusammenhang mit einer optimistischen Lebenseinstellung statistisch gesehen ab.
Ein Grund dafür ist, dass Optimist:innen mit mehr Gelassenheit auf Stress reagieren. Sie machen sich weniger Sorgen und finden kreative Lösungen. Jeder der schon mal starke Rückenschmerzen hatte, kennt sicherlich 2-3 kreative Tricks, wie man sich dennoch anziehen kann. Viel Bewegungsfreiraum hat man dann nicht – selbst das Ein- und Aussteigen in die Badewanne wird dann zur kreativen Herausforderung.
Genau diese kreativen Lösungsansätze führen dazu, dass weniger Stresshormone ausgeschüttet werden. Adrenalin zum Beispiel beschleunigt sonst in Stresssituationen den Herzschlag. Wird davon weniger ausgeschüttet, bleibt der Herzschlag ruhig und damit auch der Blutdruck.
Was man Optimisten noch so alles Positives nachsagt:
Stärkeres Immunsystem
Gesündere Lebensgewohnheiten
Aktiverer Lebensstil
Geringer Alkohol- und Tabakkonsum
Gesunde Ernährung
Wissenschaftlich gesehen, geht man davon aus, dass die Lebenseinstellung zu ca. 25 % erblich bedingt ist. Die Prägung durch unsere Umwelt und Mitmenschen ist also ein deutlich größerer Anteil. Das Faszinierende daran: Egal wie wir aufgewachsen sind, wer uns erzogen hat und wie unserer aktuelles Mindset ist: Wir können es verändern. Du kannst dich verändern.
Genauso wie beim Erlernen einer neuen Sportart (siehe letzter Newsletter), bauen sich auch beim Trainieren positiver Gedanken die entsprechenden Hirnareale und Verbindungen aus.
Die Vorhersage und Erwartungen werden also um die positiven Effekte erweitert. Denkt das Gehirn immer wieder diese Szenarien, breiten sich die neuronalen Verbindungen aus.
Das beeinflusst die Schmerzerwartung und damit auch die Schmerzintensität.
Und nun bist du dran!
Was Du direkt umsetzen kannst:
Nimm dir jeden Tag (bestenfalls am Abend) 5 Minuten Zeit.
Sage oder schreibe dir auf, was du heute gut gemacht hast.
Idealerweise fallen dir drei Dinge ein.
Es ist ok, wenn es anfangs ungewohnt und schwierig ist.
Belohne dich dafür, dass du dir die Zeit genommen hast!
Eine Massage, ein ausgewogenes Essen, Zeit mit deinen Liebsten – was auch immer dir guttut. (Das kannst du dann auch gleich wieder auf die Liste schreiben mit Dingen, was du gut gemacht hast ;)