Rückenschmerzen im Alltag - Thema: Frustration
Rückenschmerzen und Frustration
Wann warst du das letzte Mal frustriert?
Ich heute morgen. Quarantäne-bedingt bin ich seit drei Tagen in der Wohnung und kann nicht raus. Das bedeutet für mich viel weniger Bewegung als sonst. Kein Fahrrad fahren, kein Spaziergang zum Café, keine Runde am Kanal und den Kiez beobachten. Mein Rücken macht sich dadurch sofort wieder bemerkbar. Es zwickt und drückt und ich wache morgens auf und bin genervt und frustriert.
Um erst gar nicht weiter in diesen Strudel einzutauchen, habe ich mir in den letzten Jahren unterschiedliche Routinen angewöhnt. Ich führe diese nicht pedantisch durch, sondern wechsle nach Lust und Laune. Also heute morgen ab auf den Balkon, ein paar Mal strecken und meine "Kirschenpflücken"-Übung aus dem Rehasport machen und dann ab auf die Matte, 10 Min Mobilisierung und Atmung. Ich merke dann mit jeder Bewegung, wie sich der Rücken entspannt und ich wieder in meine natürlichen Bewegungen komme.
Warum ich dir das erzähle? Ich glaube daran, Dinge anders zu machen. Ich sehe aktuell viele Kund:innen, die mit ihren Vorsätzen scheitern, die sich unnötig Stress machen und dann noch frustrierter sind. Nur mit realen Beispielen und Motivation, mit dem Erklären von Zusammenhängen und Widerlegen von Mythen können wir gesund und ausgeglichen Leben. Dazu gehört es meiner Meinung nach auch, mal über die frustrierenden eigenen Situationen zu sprechen. Und aufzuzeigen, dass es normal ist, dass es uns allen so geht.
Und in meinem Fall stehe ich dann auf, mache Sport, gehe kalt duschen, und danach sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Und dann schmeckt zur Not auch mal der Kaffee zu Hause statt im schönen kleinen Café um die Ecke.
Was Frustration mit Schmerzen zu tun hat und was du aktiv machen kannst, erfährst du in diesem Newsletter.
Und nun viel Neugierde beim Lesen und Ausprobieren!
Rückenschmerzen und Frustration
Rückenschmerzen und Schmerzen allgemein kommen nicht nur vom langen Sitzen, von einseitiger oder fehlender Belastung, durch Abnutzung oder Verletzung. Schmerz ist multidimensional und entsteht aus dem Zusammenspiel unterschiedlichster Faktoren. Denn alles, was auf deinen Körper wirkt, egal ob aus der Umwelt oder aus der eigenen Körperinnenwahrnehmung, spielt bei der Entstehung von Schmerzen eine Rolle. Und so können psychische Faktoren wie Stress, Unsicherheit und Unzufriedenheit den Schmerz verursachen.
Das hat unter anderem mit der Anspannung und dem gesteigerten Muskeltonus unter Stress zu tun. Das kann dann die Schmerzempfindung verstärken, was wiederum zu Einschränkungen in der Bewegung und damit der Lebensqualität führen kann. Damit nehmen Frustration, Angst und Zweifel zu und man befindet sich ziemlich schnell im Teufelskreislauf, bei dem sich die negativen Bedingungen verstärken.
Ganz wichtig: Das bedeutet nicht, dass man sich den Schmerz nur einbildet. Im Gegenteil.
Schmerz ist immer individuell, persönlich und privat. Jeder nimmt Schmerzen anders war, abhängig davon, was man schon erlebt, erfahren und auch für Wissen über den Körper gesammelt hat. Selbst akuter Schmerz wird durch Aufmerksamkeit, Gefühle und Zuwendung beeinflusst. Wenn ein Kind hinfällt und das Knie blutet, die Eltern es trösten und erstmal einen Snack versprechen, tut das Knie gleich ein bisschen weniger weh. Das funktioniert auch bei uns Erwachsenen. Die Aussicht auf eine Belohnung und etwas Wohltuendes, lindert den Schmerz. Der Grund ist, dass die Aufmerksamkeit für unser Schmerzempfinden direkt mir der wahrgenommenen Intensität zusammenhängt. Das funktioniert leider auch umgedreht: Wissen wir nicht, was die Ursache für den Schmerz ist, wirkt er viel bedrohlicher und intensiver. Das Googeln und Recherchieren steigern dir Aufmerksamkeit dann noch und der Schmerz wird stärker wahrgenommen. Deswegen ist es so entscheidend, den natürlichen Bewegungsumfang aufrecht zu erhalten und sich zu bewegen und abzulenken.
Wann kommt es zu Frustration?
Meistens hängt Frustration mit einem Mangel an Möglichkeiten zusammen, die bestehende Situation zu lösen. Es geht oftmals einher mit dem Gefühl, nicht genug Kraft zu haben, weitere Lösungen zu finden oder noch einmal was Neues auszuprobieren. Immer wieder sagen mir zum Beispiel Kunden: „ich habe schon alles probiert, um meine Rückenschmerzen in den Griff zu bekommen. Nix hilft. Das ist so frustrierend.“ Vielleicht geht es dir ähnlich. Aber hat man wirklich alles probiert? Und dem Körper die Zeit gegeben, darauf zu reagieren? Sei ehrlich – meistens nicht. Wenn wir ein bestimmtes Ziel erreichen wollen, zum Beispiel Schmerzfreiheit, kommt genau dann die Frustration, wenn man viel probiert und wieder zurückgeworfen wird. Oftmals haben wir das Gefühl, dass wir machtlos sind und an der Situation nichts ändern können.
Und genau da kann man ansetzen:
Dieses unangenehme Gefühl der Frustration, vielleicht gepaart mit Wut, Hilflosigkeit, Enttäuschung und Trauer. Es hat seine Berechtigung. Das Leben besteht nicht nur aus positiven Gefühlen. Sobald du es zulässt und annimmst, widmest du der Frustration weniger Aufmerksamkeit. Und wie beim Schmerz, bedeutet weniger Aufmerksamkeit auch weniger Intensität. Damit trainierst du deine eigene Kompetenz im Umgang mit negativen Emotionen.
Und das stärkt deine Selbstwirksamkeit.
Anstatt also frustriert in den Tag zu starten nimm dir ein paar Minuten und lass die Frustration zu. Beobachte dich dabei, wie sich das anfühlt und was es mit dir macht. Atme ein paar Mal bewusst tief durch die Nase ein und wieder aus. Lass die Frustration zu und gib ihr Raum – du wirst sehen, nichts Schlimmes passiert. Du kannst weiter atmen und dich bewegen und anerkennen, dass du auch mit Frustration und negativen Emotionen umgehen kannst.
Da ich nicht so gut bin im Zulassen und in mich reinfühlen und Raum schaffen, habe ich mir folgende Trainingsroutine angewöhnt:
Was Du direkt umsetzen kannst:
Stelle dich nach dem Aufstehen direkt an das offene Fenster oder auf den Balkon.
Atme bewusst 2-3 tiefe Atemzüge durch die Nase ein und aus.
Strecke deine Arme nacheinander über den Kopf aus, jede Seite 10 Mal. Stelle dir dabei vor, dass du an einem hohen Kirschbaum stehst und die Kirschen pflücken möchtest. Einmal mit der rechten, einmal mit der linken Hand, immer abwechselnd.
Atme gleichmäßig weiter ein und aus durch die Nase und spüre, wie sich Brustkorb und Rippenbögen ausdehnen und lockerlassen.
Strecke deinen rechten Arm über den Kopf und neige dich zur linken Seite und atme dabei gleichmäßig weiter. Wiederhole das 10 Mal.
Strecke deinen linken Arm über den Kopf und neige dich zur rechten Seite und atme dabei gleichmäßig weiter. Wiederhole das 10 Mal.
Strecke beide Arme über den Kopf und neige dich nach hinten und atme dabei gleichmäßig weiter. Wiederhole das 10 Mal.
Strecke beide Arme über den Kopf und neige dich nach vorne und atme dabei gleichmäßig weiter. Wiederhole das 10 Mal. Fühlt sich ein bisschen wie Frühsport aus den 80er an – macht den Kopf frei, mobilisiert den Körper und die Nachbar:innen freuen sich über die Morgenunterhaltung. Probiere es aus!